Am Vorabend zum 6. April konnte ich die spannende Geschichte von Öland erlauschen. Lest selbst über die Unterhaltung zweier Schäfer, die an einer Mühle Rast machten, während ich mich unter der Treppe versteckte:
"Und nun merk wohl auf, Erik, dieses Öland hier, auf dem ich und du leben, ist nichts andres als der alte Schmetterlingskörper. Wenn man es sich überlegt, merkt man bald, dass die Insel ein Schmetterling ist. Gegen Norden kommt der schmale Vorderkörper und der runde Kopf zum Vorschein, nach Süden sieht man das hintere Ende, das sich zuerst ausbreitet und dann in eine scharfe Spitze ausläuft."
Hier hielt er wieder inne und sah seinen Gefährten an, gleichsam ängstlich, auf welche Weise dieser seine Behauptung aufnehmen werde. Aber der junge Schäfer ass in grösster Ruhe weiter und nickte dem Alten nur aufmunternd zu.
"Sobald der Schmetterling in einen Kalksteinfelsen verwandelt war," fuhr dieser fort, "kamen Samenkörner mit dem Winde dahergeflogen und wollten auf dem Felsen Wurzel schlagen. Aber es wurde ihnen sehr schwer, sich auf dem kahlen, glatten Gebirge festzuhalten, und so dauerte es sehr lange, bis irgend etwas andres als Riedgras da wachsen konnte. Dann kamen Schafschwingel, Sonnenröschen und Hunderosensträucher.
Aber selbst heute noch gibt es nicht so viel Wachstum hier oben, dass das Gebirge ganz davon bedeckt wird, es schimmert da und dort noch hervor. Und von pflügen und säen kann hier oben gar keine Rede sein, dazu ist der Erdboden zu hart.
Aber wenn du mir beistimmst, dass die Heide und die Felsenmauern, die ringsum stehen, aus dem Schmetterlingskörper gebildet sind, dann hast du auch ein Recht zu fragen, wo das Land, das unter dem Gebirge liegt, hergekommen sei."
"Ja, ganz recht," sagte der andre, der ass, "das habe ich gerade fragen wollen."
"Du musst bedenken, dass Öland recht viele Jahre im Wasser gelegen hat, und während der Zeit hat sich alles das, was auf den Wogen umhertreibt, Tang und Sand und Muscheln, ringsherum angesammelt und ist da liegen geblieben. Alsdann sind im Osten und Westen vom Festland Steine und Geröll herabgestürzt. Auf diese Weise hat die Insel breitere Ufer bekommen, wo Getreide und Blumen und Bäume wachsen können. Hier oben auf dem harten Schmetterlingskörper weiden nur Schafe und Kühe und junge Pferde, hier wohnen nur Schneehühner und Brachvögel, und ausser Windmühlen und ein paar ärmlichen Steinschuppen sind keine Gebäude da, wo wir Hirten Schutz finden könnten. Aber drunten am Strand liegen die grossen Bauerngüter und Kirchen und Pfarrhöfe und Fischerdörfer und eine ganze Stadt."
Er sah den andern fragend an. Dieser war mit seiner Mahlzeit fertig und packte eben seinen Schnappsack wieder zusammen. "Ich möchte nur wissen, wo du mit all diesem hinaus willst," sagte er.
Neugierig geworden, was uns der Schäfer damit sagen möchte? - Lest gerne im Kapitel 12 wie die Erzählung weitergeht.
Oben, scheinbar in Wolken getaucht: die Brücke von Kalmar nach Öland, die längste Brücke innerhalb Schwedens; unten, in Jordhamn: Mühle (errichtet 1905), die zum Schleifen von Kalkstein eingesetzt wurde, und Ende März: die ersten Frühlingszeichen sind auf Öland zu sehen!
Oben, Lång Erik (Langer Erich), der 32 m hohe Leuchtturm im Nordwesten von Öland, fertiggestellt 1845; unten, Wanderung durch das Trollskogen Naturreservat auf der nordöstlichen Landzunge von Öland: die ungefähr 900 Jahre alte, eindrucksvolle Trollek (Trolleiche), und Abendstimmung an der See entlang des Trollskogssteges.